„Es ist ein allgemeiner Fehler des Menschen, in Zeiten der Meeresstille nicht mit dem Sturm zu rechnen.“
(Niccolò di Bernardo dei Machiavelli, (1469 – 1527), florentinischer Philosoph, Politiker, Diplomat, Chronist und Dichter)
Welt im WandelZwischen Höllenfurcht und Visionen vom „Goldenen Zeitalter“ werden in Gerhard Mercators Epoche gesellschaftliche und politische Weichen gestellt, die noch heute für uns von Bedeutung sind. Der Augsburger Kaufmann Fugger legt die Grundlagen des modernen Bankensystems und Finanzkapitals, in England begründet Oliver Cromwell den Parlamentarismus. Selbstbewusste Frauen betreten als Herrscherinnen, Dichterinnen und Malerinnen die große Bühne. Utopische Konzepte eines idealen Gemeinwesens werden entworfen. Der englische Staatsmann und Philosoph Thomas Morus gießt seine Utopie in die Form eines Reiseromans. Sein fiktiver Bericht über die Insel „Utopia“ – nach dem Vorbild der erst kurz zuvor von Kolumbus entdeckten „Neuen Welt“ –erscheint etwa zur gleichen Zeit wie Machiavellis Essay „Il Principe“. Während Morus den Menschen den Spiegel einer besseren Gesellschaft vorhält, erklärt Machiavelli, wie man politische Macht notfalls ohne Skrupel erobert und vor allem bewahrt. Das 15.–17. Jahrhundert war vor allem auch geprägt durch eine weltweite trans ozeanische Expansion, verbunden mit einem beispiellosen Raubzug in den eroberten Kolonien. Eine der Haupttriebkräfte der europäischen Kolonialmächte war dabei, nach der Einnahme Konstantinopels durch die Osmanen 1453, der Verlust der Kontrolle über die bisherigen Handelswege nach China und in den Orient. Der Konflikt mit dem osmanischen Reich gipfelte in der Belagerung Wiens durch die Heere Süleymans 1529. Mit der erfolgreichen Verteidigung der Stadt wurden die osmanischen Weltherrschaftspläne vorerst zurückgeschlagen.Diese Initialzündungen zur Eroberung der Welt zu Beginn der „Neuzeit“ führten in den folgenden 500 Jahren zu dem heutigen komplexen Phänomen der Globalisierung und setzten eine Entwicklung in Gang, deren Resultate wir zu unserem eigenen Schutz nunmehr hinterfragen müssen In letzter Zeit zeigte die internationale Banken- und Finanzkrise die Konsequenzen einer globalen Vernetzung der Wirtschafts- und Finanzsysteme überdeutlich auf. Zugleich entstehen schon durch die weltweit ungleichmäßige Entwicklung der Prosperität und Folgen kriegerischer Auseinandersetzungen gewaltige Migrationsströme, die in Zukunft durch den Klimawandel noch sicherlich gesteigert werden. Mitte des Jahrhunderts könnten hunderte Millionen Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren. Die Lösung der Frage, wie auf dem Planeten eine nachhaltige Entwicklung zur Stabilisierung wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Prozesse erreicht werden kann, ist deshalb zu einer der wichtigsten Aufgaben der Politik geworden. Es gilt, sich zu vergegenwärtigen, dass sich die Welt vor unseren Augen radikal verändert. Nach einem leicht modifizierten Zitat des Philosophen Karl Marx stellen wir fest, dass der Mensch in der Gefahr steht, zwar seine eigene Geschichte zu gestalten, diese Geschichte jedoch gleichzeitig hinter seinem Rücken abläuft.
Wilfried Schaus-Sahm (Konzept und Programm) (Mercator-Gesellschaft Duisburg)