pensum

Einladung-Aussellung

 

wilfried schaus-sahm. pensum – neue bilder aus den jahren 2009/2010

22. januar 2011, 16.00 uhr, galerie rheinhausen

schaus-sahm ausstellung (1)

grußwort dr. jan pieter barbian

improvisationen von eckhard koltermann

lesung der gedichte von wilfried schaus-sahm durch wilhelm von hoegen

(siehe video unter menuepunkt gedichte)

_____________________________________________________________________________________________________________________

pensum –  wilfried schaus-sahm (einführung durch brüninghaus-knubel)

Rudolf Arnheim hat künstlerische Arbeit so beschrieben: „Die Kunst ist kein Betätigungsfeld für entspannte Leute. Die Reichtümer der Seele müssen durch bewusste und unbewusste Disziplin in eine organisierte Form gebracht werden und dadurch bedarf es einer Anstrengung der Konzentration.“ Das nennt Schaus-Sahm in dieser Ausstellung „Pensum“, sein Tagewerk – und gibt uns mit diesem Wort schon zu bedenken, dass eine gewisse Handwerklichkeit, ein stetiges Tun im Spiel ist. Schaus-Sahm erzählt z.B. auch gern von seinem Namen, der eine altdeutsch-dialektale Form von „Schuster“ sei.

„Kopf und Hand sind verwand“  so heißt ein Bild von Manfred Vogel, der für Schaus-Sahm eine wichtige Bezugsperson wurde, Dialogpartner, Mentor und Unterstützer bei der Malerei – nicht nur in „Traumzeiten“-  und dieser Titel  könnte auch über den Werken von Schaus-Sahm stehen. Auge und Ohr – diese beiden im Kopf angesiedelten Sinnesorgane – sind für ihn eminent wichtig. Seine visuelle Wahrnehmung der Welt – die Augenreize, die Wahrnehmungsreize  – führen zum Aufheben, zum Behalten, zum Auswählen. Zufällig gefundene, gleichsam ent-deckte Materialien, Formen,  Motive werden zu vielfältigen Anlässen und Ausgangspunkten für Bilder, und vielleicht entstehen auch auf diese Art seine Wortbilder, die wir in der Lesung seiner Gedichte soeben erleben durften. Das können Schnipsel aus der Warenwelt wie aus der digitalen Welt sein, Bilder jeglicher Art, Zeichen und Spuren von Eigenem oder Fremdem, Rätselhaftes oder Banales. Immer begleitet und inspiriert von Musik bearbeitet Schaus-Sahm das alles mir seiner Handschrift als Maler:  hier kommt die Hand-Arbeit ins Spiel, im weitesten Sinne,  auch ohne Scheu vor zeitgenössischen technischen Reproduktionsmethoden: sei es, dass er das i-pod nutzt, um spontan Fotografie und digitales Malen zu verbinden, oder seien es die digitalen Prozesse, auf deren Basis Tuschezeichnungen entstanden sind. Das alles muss jedoch einen gewissen Reiz für den Künstler auslösen, damit es aufgegriffen wird – intuitiv – assoziativ, von einem irgendwie persönlichen oder intellektuellen Interesse geleitet oder ganz vom Bildnerisch–Visuellen ausgehend, um dann in einer Art écriture automatique weiter bearbeitet zu werden. Manchmal verschwindet der Ausgangspunkt fast unter dem Weitermalen. Schichten überlagern sich ganz konkret als Farbe oder Collagematerial, und das ist auch  für den Betrachter sichtbar, der auf diese Weise gleichsam an diesem Arbeits-Prozess teilnimmt, indem er ihn in der Betrachtung nachvollzieht.

Charakteristisch sind die Aufteilungen im Bild, in denen Einzelelemente zu neuen Ordnungen und Gewichtungen malerisch zusammen gefasst werden: Abschnitte, Absätze wie bei einem Layout, unterschiedliche Formen- und Texturkomplexe zusammenstellend, nebeneinander, gegeneinander, überlagernd. Scheinbar willkürlich, aber doch von einer inneren visuellen Logik. Wie zufällig und improvisiert auch immer seine Bildfindungen zustande kommen, hier greift das, was Arnheim über die „unbewusste Disziplin“ und die „organisierte Form“ gesagt hat.

Überhaupt: das Ordnen. Wenn die freie gestische Malerei, das Kritzeln, die kalligrafischen Elemente, der offene Ausgang des Mal-Prozesses die eine Seite seiner Kunst ist, dann ist da auf der anderen Seite auch noch die freiwillige Beschränkung auf ganz bestimmte Formate, seien es die schmalen Hochformate oder die Quadrate der CD-Hüllen. Mit denen wird allerdings gespielt und variiert, komponiert und in immer wieder anderen Kombinationen neu formuliert. Dabei entstehen Tableaus – wie z.B. die große, 10 Meter breite Komposition, reduziert auf Schwarz-Weiß, der Schaus-Sahm ausnahmsweise einen Titel gegeben hat: Live at the Code Bar: ein Spiel mit Worten und damit Bedeutungen. Als visuelles Ausgangsmaterial haben ihn Barcodes –Strichcodes- interessiert  und da ihn beim Malen dieser Bilderserie ausschließlich Musik von Joachim Kühn akustisch begleitet hat, wurde das Ganze dann zu einem schöpferischen Event, der sozusagen live in der Code Bar stattfand – so wie Jazzmusiker oft ihre Produktionen nennen, die an bestimmten Orten aufgezeichnet wurden.  Seltsamerweise gibt es in Mackay im australischen Queensland wirklich eine Bar mit dem Namen – vielleicht könnte dies wiederum zu einer Kette von Assoziationen führen, die in der Völklinger Straße in Walsum zu neuem malerischen Weiterspinnen Anlass geben.
Cornelia Brüninghaus-Knubel
Cornelia Brüninghaus-Knubel war bis 2007 mehr als 20 Jahre lang Museumspädagogin im Duisburger Wilhelm Lehmbruck Museum und erhielt für ihre Verdienste die Mercator-Ehrennadel der Stadt Duisburg. Cornelia Brüninghaus-Knubel hat zahlreiche eigene Publikationen verfasst und arbeitet heute konzeptionell für Museen und im Rahmen von Lehraufträgen an Hochschulen.

(siehe auch video unter menuepunkt kunst/live at the codebar)